28. September
bis
11. Oktober 2019
Endlich, wir können in den Kalahari Nationalpark fahren und werden zwei Nächte in Nossob auf dem Camping übernachten. Den gebuchten Bungalow brauchen wir nicht. Es stellt sich heraus, dass die Reservationen in den Parks nicht funktionieren. Teilweise muss man bis zu einem Jahr im Voraus buchen. Da die Südafrikaner für gebuchte Übernachtungen sehr wenig bezahlen, stornieren sie meistens ihre getätigten Reservationen nicht, wenn sie nicht anreisen. Das heisst, dass die Camps manchmal nur zur Hälfte belegt sind und trotzdem kriegt man keinen Platz! Unglaublich! Wir aber müssen uns irgendwie arrangieren. Zum Glück treffen wir im Camp vier Schweizer an, die uns einfach einladen auf ihrer grossen Parzelle zu stehen. Dadurch wechseln wir nicht in den Bungalow und man stelle sich vor, niemand merkt das! Das ist südafrikanische Organisation!
Der Kalahari Nationalpark erstreckt sich von der Grenze zu Namibia über Südafrika nach Botswana und ist geprägt von langen Trockenperioden und Tagestemperaturen von meistens über 30Grad und bis zu 45Grad. Nachts kann es in den Wintermonaten auch einmal unter 0 Grad gehen. Die Zusammenlegung der beiden Nationalparks fand 1999 statt und hat jetzt eine Fläche von 38 000 km2, also fast so gross wie die Schweiz. Er ist bekannt für seine grosse Löwenpopulation.
Bevor wir losfahren müssen wir noch in Namibia die Pässe und das Carnet ausstempeln, um dann bei der Tankstelle den Reifendruck auf vorne 1.7 und hinten 2 Bar zu reduzieren. Auf der teilweise sandigen Wellblechpiste fahren wir neben und im ausgetrockneten Flussbett des Aoub an einigen Wasserlöchern vorbei. Unterwegs sehen wir unter anderem viele Onyx, Kapgnus und Springböcke. Die Highlights sind aber vier vollgefressene Löwen. Sie haben ein Onyx gerissen und ruhen sich unter einem Baum aus. Die Überreste des Onyxs überlassen sie den Schakalen und Hyänen.
Das Camp ist eingezäunt und morgens um 6.30 Uhr öffnet sich das Tor. Wir sind bereit um auf unsere erste „Gametour“ zu fahren. Natürlich ohne Frühstück, das holen wir später nach! Wir fahren langsam nordwärts dem ausgetrockneten Flussbett des Nossob und der botswanischen Grenze entlang. Bereits nach fünf Minuten kommt das erste Highlight! Zwei Geparde wechseln direkt vor uns die Strassenseite, bleiben immer wieder verwundert stehen und fragen sich vielleicht was das für komische Tiere sind, die da vor ihnen stehen! Mit ausgeschaltetem Motor bewundern wir die stolzen Tiere. Kurz darauf sehen wir eine Löwin mit ihrem Jungen direkt am Pistenrand unter einem Strauch liegen! Wir fahren etwa eine Stunde und drehen dann um, der Hunger plagt uns! Auf dem Rückweg sehen wir die Löwin mit dem Jungtier alleine neben dem Busch an der Sonne liegen, nur 5m von uns entfernt. Zurück auf dem Camp frühstücken wir und schauen uns die gemachten Bilder an!
Leider müssen wir nach zwei Nächten den Park verlassen und fahren deshalb wieder ohne Frühstück um 7.00 Uhr los, in der Hoffnung Tiere zu sehen. Nur fünf Minuten später stehen wir minutenlang mit abgestelltem Motor auf der Piste. Drei Löweninnen bewegen sich direkt vor uns zum Wasserloch über die Piste und nachdem sie sich vollgesoffen haben wieder zurück, ohne uns auch nur im Geringsten zu beachten. Was für Prachtstiere!
Unterwegs gibt es einen Picknickplatz auf dem wir Frühstücken und dann weiter Richtung Parkausgang fahren. Neben all den anderen Tieren entdecken wir nochmals zwei Löwen die jeder ein Onyx geschlagen hat und ihren wohlverdienten Verdauungsschlaf unter einem Baum machen. Die Hyänen liegen etwas abseits und warten bis sich der Löwe von seiner Beute entfernt, um dann zuzugreifen. Damit haben wir in nur 2 ½ Tagen 10 Löwen und 2 Geparde, neben vielen anderen Säugetieren und Vögeln gesehen.
Beim Verlassen des Parks müssen wir noch auschecken und vor allem in Südafrika einreisen. Das heisst, Pässe und das Carnet de Passage stempeln. Dabei erklärt uns der freundliche Beamte, dass wir nicht wie geplant nach drei Monaten aus Südafrika nach Mosambik ausreisen können, um dann zwei Wochen später wieder in Südafrika einzureisen und erneut ein 90 Tage Visa zu erhalten. Nein, wir dürfen nicht nochmals aus einem Nachbarland hier einreisen, wir müssen über einen Drittstaat einreisen. Am Abend brüten wir über allen Karten die wir haben, welche Reiseroute nun in Frage kommt. Schlussendlich ist klar, wir werden Ende Jahr nach Botswana ausreisen, dann geht’s nach Sambia/Simbabwe zu den Viktoriafällen um dann zurück über Botswana nach Namibia zu fahren. Dort werden wir wie geplant das Auto einstellen über die Sommermonate. Flexibel muss man sein!
Ausserhalb des Parks übernachten wir im Kalahari Trail Camp mit vielen Erdhörnchen und Mangusten. Die Professorin Anne Rasa hat hier naturwissenschaftliche Forschungen über Erdhörnchen gemacht und dazu das Buch „Die perfekte Familie“ geschrieben. Die Tiere sind teilweise handzahm und Beat konnte eines „kuscheln“. Unser Ziel ist aber Upington. Wunderschön, direkt am Fluss Oranje liegt der Campground mitten in der Stadt. Es ist herrlich wieder einmal grüne Wiesen zu sehen die aber alle gewässert werden müssen. Ansonsten wächst hier nichts. Auch der Fluss ist eine Augenweide, fliessendes Gewässer haben wir bis jetzt noch nirgends gesehen. Hier kaufen wir auch zwei Sim- Karten, die aber wie sich erst später leider herausstellt, beide nicht funktionieren.
Unsere Fahrt geht 150km weiter zum Nationalpark „Augrabies Falls“. Dieser erstreckt sich entlang des Oranje Flusses mit einem Wasserfall und einem 18km langen und bis zu 200m tiefen Canon. Der Wasserfall ist leider nicht sehr ergiebig, denn es hat monatelang nicht geregnet. Trotzdem ist er beeindruckend, vor allem in der Abendsonne. Der Oranje ist der längste Fluss in Südafrika mit 2160km und erstreckt sich von Lesotho bis zum Atlantik und bildet die Grenze zwischen Namibia und Südafrika. Er ist die Basis für ausgedehnte Bewässerungslandwirtschaft und die Stromwirtschaft des Landes. Wir werden in den nächsten Wochen noch tagelang dem Flusslauf mehr oder weniger folgen und die riesigen bewässerten Felder sehen.
Landschaftlich gefällt uns die Gegend sehr. Die vulkanischen rötlichen Steinformationen und die Steppenlandschaft bewundern wir auch am nächsten Morgen sehr früh auf einer „Gametour“. Diese endet für uns vor einem Tunnel der lediglich 3m hoch ist, wir sind 3.1m! Aber wir freuen uns über die ersten Giraffen. Auf dem Camp haben wir weniger Freude an den Steppenpavianen. Überall stehen Warnschilder, doch am Morgen sehen wir beim Nachbarszelt, dass die Affen das Zelt teilweise aufgerissen haben und Lebensmittel „klauen“!
Wir fahren weiter über Upington nach Oranja. Einmal übernachten wir auf der langen Strecke und schlussendlich geht es über eine Nebenpiste Richtung Orania. Kurz vor Orania stehen wir an einer Tankstelle damit Beat den für die Piste reduzierten Luftdruck wieder erhöhen kann für die restlichen Kilometer. Genau rechtzeitig, denn nur mit einem „Sprung“ ins Auto kann er sich vor dem plötzlichen Regenguss retten. Heftig regnet es für kurze Zeit und dann immer wieder ein bisschen während des ganzen Abends. Unser erster Regen seit wir hier sind! Am nächsten Tag haben wir wieder Sonnenschein!
1990 kauften 40 burische Familien wegen der zunehmenden Kriminalität und Morden an weissen Farmern hier in Orania 3000 Hektar Land. Dies kurz nach dem Ende der Apartheid und der Freilassung Nelson Mandelas. Die Buren leben hier so selbständig wie möglich ohne dass schwarze Arbeiter angestellt werden. Neuzuzüger müssen sich mit den Buren identifizieren. Weil wir die Wäsche in die Wäscherei bringen, erzählt uns die nette Dame viel über das Dorf und schwärmt. Sie erzählt von der eigenen Bank, den eigenen Schulen und dem eigenen Gesundheitswesen. Beim Bezahlen stellen wir fest, dass Orania eigenes Geld hat das im Dorf verwendet wird. Und das seit 2004! Die Lebenshaltungskosten sind aber etwa doppelt so hoch wie im übrigen Südafrika, dies vor allem weil keine „Schwarzen“ angestellt werden. Deshalb erhält das Dorf auch kein Geld vom südafrikanischen Staat. Orania ist keine Kommune, es ist alles Privatland. Die Verwaltung obliegt einer Aktiengesellschaft und wird basisdemokratisch geleitet. Dabei wählen die Aktionäre jährlich eine Direktion von 7 Personen mit einem Vorsitzenden. Der Ort verfügt über die modernsten Bewässerungsanlagen der Region. Eine Stiftung die das Ideal des Burenstaates verkünden soll und für den Kontakte mit Besuchern und Interessenten zuständig ist, unterhält auch Kontakte in Europa. Ziel ist die Errichtung eines autonomen Gebietes in denen die ethnische Minderheit der Buren die Mehrheit stellen und in dem ihre kulturelle Identität überleben kann. Uns fällt auf, dass wir während der Farht durch das Dorf vom Jogger, von der Mutter mit Kinderwagen, dem Arbeiter auf der Strasse und dem Gärtner im Garten, mit Handzeichen gegrüsst werden. Wir sind bemüht, dauernd die Hand zu erheben und zurück zu grüssen! Sehr anstrengend! Zum Glück haben wir hier die Wäsche waschen lassen und so viele Informationen über das Dorf erhalten, die restlichen Infos haben wir von Wikipedia.
Nach zwei anstrengenden Tagen mit ausschliesslich weissen Gesichtern und mit viel grüssen, fahren wir in den Mokala-Nationalpark. Wir versuchten vor zwei Tagen einen Campingplatz zu buchen, aber meine Kreditkarte wurde nicht angenommen! Na ja, der jüngste, 2007 gegründete Nationalpark, ist lediglich 27000 ha gross und wenn wir keine Übernachtungsmöglichkeit erhalten, werden wir in einem Tag eine „Day Visitor Gametour“ machen. So ist es dann auch. Wir fahren durch prächtige Savannenlandschaft und sehen erstaunlich viele Tiere. Das Highlight ist sicher das Spitzmaulnashorn mit seinem Jungen! Aber auch das Wasserloch das wir durch einen Holzbrettergang zu einer geschützten Aussichtsplattform erreichen, ist herrlich. Während wir viele Vogelschwärme sehen die rauschend herbeifliegen um zu trinken, kommt plötzlich ein Onyx daher, später mehrere Grünmeerkatzen (Affen) und dann ein stattlicher Büffelbulle. Er ist der „Chef“ hier, die anderen Tiere verschwinden oder wagen sich nicht in die Nähe des Wassers. Aber auch die Warzenschweine sind herrlich wie sich im Morast suhlen! Voller neuer Eindrücke geht es am nächsten Tag nach Kimberley, der Diamantenstadt!
Kimberley ist die Hauptstadt der Diamanten und der Geburtsort von De Beer. Ein Burenkind der Familie de Beer fand 1866 einen glitzernen Stein auf dem Feld und schenkte ihn seiner Schwester. Ein Besucher der Familie stellte dann fest, dass dies ein besonderer Stein ist und es stelle sich heraus, dass er 21 Karat hatte. Bald strömten Diamantensucher aus aller Welt zu dem Berg und eine chaotische Zeltstadt namens „Big Rush“ entstand. Der Berg wurde abgetragen von den ca. 50 000 Diamantensuchern und sie gruben sich in die Tiefe. Dieses „Big Hole“ von 500m Breite und einer Tiefe von 800m ist eines der grössten von Menschenhand geschaffenen Löcher der Erde. Man fand Diamanten im Wert von etwa 40 Milliarden Euro, etwa 2700kg. Das tönt nach wenig, nur zum Vergleich, ein Karat entspricht 200 mg.
Der arme Schauspieler Barney Barnato brach nach Kapstadt auf und erreichte zu Fuss «Big Rush», das spätere Kimberley. Dort kaufte er sich mit geliehenem Geld Diamanten um sie gewinnbringend zu verkaufen. Innert weniger Jahre kaufte er sich so fast die Hälfte der Claims, gründete die Central Mining Company und war nach 5 Jahren Multimillionär. Sein Gegenspieler Cecil Rhodes kam 1870 wegen einer Lungenerkrankung nach Südafrika und kaufte einige Jahre später drei Claims. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit dem Diamantenhandel. 1880 gründete er die De Beers Minengesellschaft, benannt nach dem ursprünglichen Besitzer des Landes und kaufte sämtliche Claims auf. Die Claims von Barnato wurden für 5 Millionen gekauft und somit konnte Rhodes die De Beers Consolidated Mines 1888 gründen und die Diamantenindustrie in Südafrika kontrollieren. Bereits 1914 wurde diese Mine geschlossen.
All diese Informationen erhielten wir während einer Führung durch die Mine und das Museum.