________   9. April - 25. April

 ________   25. April - 11. Mai

 ________   11. Mai - 26. Mai

 ________   26. Mai - 6.Juni

________    6. Juni - 

 


Asuncion - Canela


Unser Entscheid steht, wir fahren nach Brasilien in den Südosten. Auf dem Weg dahin, es sind doch über 1000km, werden wir Treze Tilias (Dreizehn Linden), einem Ort, den österreichische Einwanderer seit Mitte der dreissiger Jahre aufgebaut haben, einen Besuch abstatten. An diesem Wochenende ist dort ein Landwirtschaftsmarkt und ein grosses Fest. Nun ja, eigentlich muss man nicht 10`000km fahren um nach Österreich zu kommen. Wir sind jedenfalls gespannt!

 

Nach 15 Tagen im „Haste la Paste“ verabschieden wir uns von René und Marion sowie von den anderen Reisenden und fahren Richtung Iguazu. Auf dem Weg kaufen wir unterwegs noch bei einem „Schweizerkäser“ Emmentaler und Greyerzer ein. Der Grenzübertritt ist dann mehr wie beschwerlich. Die Grenze liegt mitten in der Stadt und es hat ein Verkehrschaos der besonderen Art. Wir fühlen uns fast schon im Fernen Osten, überall Autos, Händler und ein riesiges Gedränge. Schlussendlich steige nur ich aus und bringe die Pässe zum abstempeln. Das ist hier kein Problem, beide Pässe erhalten den Ausreisestempel. Die grosse Frage ist nur, wo wir unser Einfuhrpapier von Paraguay für das Auto los werden. Beat wartet geduldig und ich werde von Ort zu Ort geschickt. Schlussendlich ist tatsächlich jemand zuständig! Er nimmt mir das Papier ab und meint alles sei ok. Hoffentlich legt er es auch richtig ab! Dann fahren wir über die Brücke und werden bei der Einreise nach Brasilien auf einen Parkplatz verwiesen. Zu Fuss gehen wir zurück zur Grenze und erledigen die Grenzformalitäten. Da wird uns bewusst, dass Portugiesisch nicht Spanisch ist! Wir verstehen kein Wort, und niemand kann Englisch. Schlussendlich finden die Angestellten jemanden der Englisch spricht und der Dame hilft das Autopapier auszufüllen. Sie war nicht fähig dazu, obwohl wir ihr ein Muster der letzten Brasilieneinreise als Vorlage gaben. Es dauert ein bisschen länger, aber nach ¾ Stunden haben wir auch das geschafft und fahren auf einer guten autobahnähnlichen Strasse Richtung Osten. Die Hauptstrasse nach der Abzweigung südwärts ist dann „verlöchert“. Dazu kommt ein riesiger Verkehr mit Lastwagen und Sattelschleppern, die schon fast an die Roadtrains in Australien erinnern. Nur sind hier die Strassen enger, kurviger und es ist sehr hügelig. So kriechen wir hinter den Lastwagen die Hügel hoch und rasen dann runter, denn dann sind die Lastwagen meistens schneller wie wir!

 

Die Übernachtung hinter einer Tankstelle ist ruhig trotz Lastwagen. Auch der zweite Tag ist lang, wir fahren ca. sechs Stunden. Es hat weniger Lastwagen, aber immer noch ist die Landschaft hügelig, Riesige Soja- und Maisplantagen begleiten uns rechts und links der Strasse. Abwechslung bringen die kleinen Dörfer mit den vielen Bumps (Schwellen). Man sieht sie kaum und manchmal sind sie nicht gekennzeichnet! Und es gibt Dutzende in jedem Dorf! Wer schon in der Türkei war kennt das, nur sind es hier deutlich mehr! Wir durchfahren während 30km drei Dörfer und erleben 30 Bumps, der grösseren Sorte! Die Stossdämpfer lassen grüssen!

 

Am Abend finden wir wieder hinter einer Tankstelle an einem kleinen See einen ruhigen Platz. Nun sind es nur noch etwa 80 km bis Treze Tilias. Hier wollen wir ein paar Tage bleiben und finden hinter dem Hotel Tirol einen Stellplatz für Wohnmobile. Sogar die Bettwäsche kann ich hier zum Waschen geben. Bei der Einfahrt ins Dorf werden wir mit einem „Tirolertor“ und vielen Blumenrabatten empfangen. Die Landschaft ist auch sehr tirolerisch hügelig, nur hat es hier andere Bäume. Im kleinen Schlösschen finden wir ein Museum und werden gleich Deutsch angesprochen. Die Dame erzählt uns die Geschichte der kleinen Stadt und wir sehen uns die Bilder und Einrichtungsgegenstände der Einwanderer an.



1933 entwickelte der damalige österreichische Landwirtschaftsminister Andreas Thaler ein Kolonialprogramm um der Wirtschaftskrise in Österreich vor dem 2. Weltkrieg zu entkommen. Er brachte die erste Gruppe von Einwanderern, vor allem Tiroler, nach Brasilien. Auf 800m, in hügeligem Gelände konnte er ein Gebiet von 52km2 erstehen. Hier gründeten die ersten Siedler Dreizenlinden am 13. Oktober 1933. Den Namen erhielt die Stadt von Thaler der sich vom gleichnamigen Buch von Friedrich Wilhelm Weber inspirieren liess. Er wollte ein wie im Buch beschriebenes ruhiges Refugium schaffen, fernab von Kriegen. Der Siedlungsaufbau wurde straff genossenschaftlich organisiert und die Arbeitsleistung hälftig als Gutscheine ausbezahlt. Doch schon bald musste das Land an die Siedler aufgeteilt werden. Der Krieg holte die Neuankömmlinge auch hier ein. Nur dem Widerstand der Kolonie und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, mit Brasilien auf Seiten der Alliierten, ist es zu verdanken, dass die NSDAP die Kolonie nicht übernahm. Dafür wurde der Gebrauch der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit verboten und das Land der Siedler vom brasilianischen Staat 1942 enteignet. Weitere Einwanderer aus Österreich nach dem 2. Weltkrieg trugen dazu bei, dass heute noch die tirolische Tradition gepflegt wird. Auch erhielten die Bewohner nach dem Krieg das enteignete Land zurück. 1963 erhielt das Dorf seinen ursprünglichen Namen, portugiesisch Treze Tilias für Dreizehn Linden, zurück und wurde eine selbstständige Gemeinde. Erst ab 1975, mit der Anbindung an das Strassennetz und der Gründung der Molkerei Tirol erhielt die Gemeinde einen wirtschaftlichen Aufschwung. Heute ist die Molkerei die zweitgrösste in Brasilien. 1`300`000l Milch von 12`000 Bauern im Umkreis von 600km werden täglich verarbeitet. Das zweite Standbein ist der Tourismus mit dem Kunsthandwerk der Holzbildhauer und der Tiroler Musikkapelle Dreizehnlinden.

 

Heute ist die Stadt die berühmteste österreichische Siedlung in Brasilien Traditionell findet man auf vielen Häusern Glockentürme mit Wetterhahn, Balkone voller Blumen und auf Strassen und Plätzen meistens sakrale Holzschnitzereien. Das schafft eine gemütliche Atmosphäre und in der Hauptstadt der Holzschnitzerei in Brasilien kann man in vielen Ateliers den Schnitzern bei ihrer Arbeit zusehen. Aber auch andere Traditionen werden gepflegt. Wir entdecken ein Cafehaus und geniessen einen Apfelstrudel mit einem feinen Kaffee. Noch auf dem ersten Einwandererschiff wurde die erste Kapelle gebildet und heute gibt es deren sechs in der Stadt. Auch Schuhplattler- und Tanzgruppen die in ganz Brasilien, ja auf der ganzen Welt Auftritte haben finden sich hier.

 

Wir freuen uns, dass ausgerechnet an diesem Wochenende ein dreitägiges Landwirtschaftsfest stattfindet. So machen wir uns auf und besuchen die Ausstellung auf dem riesigen Gelände. Alles was zur Landwirtschaft und vor allem zur Milchproduktion gehört, findet sich hier. Ich finde vor allem die Tiere speziell. Noch nie habe ich so riesige Schafe ohne Wolle gesehen! Schön, aber sehr besonders sehen sie auf ihren stelzigen Beinen aus! Später google ich die „Santa Ines“ Schafe und die „Boer“ Ziegen (Burenziege). Die Schafe sind eine Kreuzung aus 4 verschiedenen Rassen und ein guter Fleischlieferant. Zudem ist ihre Lederhaut sehr gefragt. Die Ziegen können bis zu 3 mal in 2 Jahren Zwillinge werfen! Anscheinend schmeckt das Fleisch auch sehr gut! Probiert haben wir es nicht, denn Schaff- und Ziegenfleisch ist nicht unsere Priorität. Vor allem die Ziegen sehen hübsch aus mit ihrem braunen Kopf. Nur riesig sind sie! Ja und die Kühe und Rinder! Die meisten Rinder sind sehr speziell. Holandese, eine Rasse die wir nicht kennen. Auch finde ich sie in Google nicht. Aber irgendwie, na ja, nichts Schönes!

 

Schlussendlich sind wir hungrig und versuchen etwas zu essen. Leider gibt es viel „Fastfood“. Schade, wir haben gehofft ein tirolisches Menü zu erhalten. Aber Schlussendlich war unser Barbeque mit Pommes sehr gut. Und Beat geniesst das ausgezeichnete selbstgebraute Bier. Ich bleibe beim Wasser mit Sprudel mit dem Namen Treze Tilias!

 

Auch am Samstag besuchen wir nachmittags das Fest. Jetzt werden auf der Bühne Darbietungen abgehalten. Zuerst sind die Kinder in verschiedenen Altersgruppen an der Reihe. Mit Dirndel und Lederhose, eben echt tirolerisch, tanzen und schuhplatteln sie zu TIrolermusik ab Band. Auch eine Kapelle spielt auf! Sie singen Deutsch, die Tirolermusik ist „erkennbar“, aber sonst ist alles portugisisch. Die Tanzgruppe mit den herrlichen Tirolertrachten ist dann besonders gut. Ansonsten haben wir das Gefühl, dass die Musik irgendwie nicht so in das Festzelt passt, alles ein bisschen theatralisch!



Wir entschliessen uns am Sonntag Richtung Puerto Alegre weiter zu fahren. Dank „Ioverlander“, unserem App für Südamerika finden wir einen Campingplatz unterwegs. Aber oh Schreck, was ist denn hier los! Auto, Leute in Trachten, Musik und wo ist der Camping? Die Brasilianer schwatzen auf uns los und irgendwie verstehen wir, dass wir uns einfach neben die Busse stellen sollen, hier übernachten können und sicher ans Fest gehen müssen. Ein Rodeo ist im Gang! Also stellen wir uns an den Weiher neben die Cars und begeben uns ans Fest. Wir kommen nicht aus dem Staunen heraus. Die Frauen, fast alle in wunderschönen Roben aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts, die Herren dementsprechend. Alle super geschminkt, richtig schön! Von weitem hören wir schon Musik und wir begeben uns in dieses Festzelt. Da ist doch tatsächlich ein Wettbewerb für Volkstanzgruppen mit einer Livemusik im Gang. Und die Begeisterung der jungen und älteren Teilnehmer ist spürbar und einfach toll. Wir geniessen die Atmosphäre und die Tänze der Gruppen. Aber schlussendlich wollen wir auch noch auf das Gelände, ein Rodeo soll ja auch noch stattfinden. Es ist bereits 17.00 Uhr und um 18.30 Uhr ist dunkel, dazu ist Sonntagabend und wir sind eigentlich überzeugt, dass das Fest am Ausklingen ist. Aber nichts da, noch immer wird fleissig getanzt und die Reiter versuchen sich auf den wilden Pferden möglichst lange im Sattel zu halten. Nur die Essensstände sind am Aufräumen. So kaufen wir noch eine hervorragende Pizza und ein Crêpe der besonderen Art mit Käse. Zurück im Womo fragen wir uns, ob wir hierbleiben sollen oder nicht. Der Lärm ist unglaublich. Doch siehe da, ab 19.00 Uhr sehen wir wie die Leute nach Hause fahren, die Zelte abgebaut werden und um 21.30 Uhr ist niemand mehr da, vom Fest sieht man nichts mehr und das Erstaunlichste, keine Abfallberge sind zu sehen! Wir schlafen ganz allein und ruhig!

 

Am Morgen sind wir eingeschlossen, aber ein Arbeiter findet sich, der uns das Tor öffnet und wir fahren bei Regen (gestern war strahlender Sonnenschein) nach Puerto Alegre. Einkaufen, Geld abheben und die Stadt besichtigen steht auf dem Programm. Ein bewachter Parkplatz finden wir, aber es regnet noch immer. Trotzdem machen wir uns auf in die Stadt. Leider ist bei Regen alles ein bisschen anders und wir sind froh, dass uns die Touristeninfo ein gutes Restaurant mit Wifi zeigen kann. Der Angestellte kommt sogar mit bis ins Restaurant. Das hätten wir nie gefunden! Nur eine bunte Türe ist draussen zu sehen. Dahinter führt eine steile Treppe hoch und schon befindet man sich in einem grossen schönen Restaurant mit Selbstbedienung. Und die Speisen sind einfach himmlisch! Wir schlemmen und versuchen fast alles! Nun noch Geld abheben und dann weg von hier! Das ist aber einfacher gesagt wie getan. Wir versuchen es bei mehreren Banken. Beat bleibt jeweils draussen, denn man darf in die Bank nichts mitnehmen, alles muss in ein Fach gelegt werden, erst dann darf man durch die Drehtüre und wird von bewaffneten Polizisten begrüsst. Dann erhält man seine Sachen zurück. Aus den ATM Maschinen kann man nur etwa Fr.60.- holen, was uns natürlich nicht reicht. Bei der letzten Bank spricht dann der Polizist und eine Angestellte Englisch. Mit ihrer Hilfe kann ich dann doch immerhin Fr. 300.- holen. Ausserhalb der Stadt übernachten wir bei strömendem Regen hinter einer Tankstelle.

 

Heute geht es nach Canela auf einen Campingplatz. Hier wollen wir die nächsten paar Tage bleiben. Homepage machen und anderes erledigen. Es soll noch zwei Tage regnen und dann, ja dann kommt die Sonne für zwei Wochen!