________ 3. Juli - 14. Juli
________ 14.Juli - 30. Juli
________ 30. Juli - 1. September
Von Barbara und Hansueli auf der Estanzia fahren wir früh weg Richtung Norden. Leider können wir uns nicht mehr persönlich verabschieden. Sie sind noch mit den Pferden unterwegs und wir vermuten, dass es wieder Probleme gibt mit einem Kalb. Wir freuen uns aber, dass wir sie in zwei Tagen in Rosaleda wiedersehen werden. Unser erster Halt ist in Fortin Toledo. Es ist gegen 40 Grad, und für einmal schwitzen wir so richtig. Im Chaco gibt es viele Forts, eines davon ist Toledo. Der Chacokrieg von zwischen Paraguay und Boliven zwischen 1932 und 1935, war einer der schrecklichsten Kriege in Südamerika. Auf beiden Seiten wurden in Grabenkämpfen in der Steppe die Waffen des 1. Weltkrieges nochmals eingesetzt, die aus Europa geliefert wurden. Dies weil man erhebliche Bodenschätze in diesem Gebiet vermutete. Die taktisch überlegenen Paraguayer konnten sich gegen die zahlenmässig stärkeren Bolivianer durchsetzen. Der brutale Krieg endete mit einem Waffenstillstand und einem 1938 geschlossenen Friedensvertrag, indem Paraguay den grössten Teils des umstrittenen Gebietes zugesprochen wurde. Wir wollen uns aber in Toledo nicht die wenigen Überreste vom Fort anschauen. Vielmehr interessieren uns die Pekari, die hier gezüchtet werden. Äusserlich gleichen die Pekaris den Schweinen. Die drei verschiedenen Arten, die Weissbartpekari, die Halsbandpekari und die Chacopekari werden hier gezüchtet und später ausgesetzt, denn alle drei Arten sind vom aussterben bedroht. Da Mittag ist, machen wir wie die Paraguayer aber zuerst Siesta, bevor uns ein Führer die Schweine zeigt. Er freut sich Schweizer zu treffen und erklärt stolz, dass gleich nebenan Schweizer wohnen. Wir beschliessen sie zu besuchen und zu fragen ob wir vor ihrem Haus übernachten dürfen. Sonja kommt aus dem Haus in Begleitung von zwei riesigen Hunden. Sie spricht Schweizerdeutsch, aber irgendwie versteht sie uns doch nicht. Schlussendlich öffnet sie das Tor und wir dürfen reinkommen und uns vor dem Haus auf eine Bank setzen. Ihr Mann Roland kommt dazu, er ist gerade am backen. So plaudern wir ein wenig, und wir staunen über die mehr als 20 Katzen die noch gefüttert werden. Das Ehepaar ist über 70 Jahre und sehr vergrämt. Sie schimpfen über alles und wir sitzen da und wissen nicht so recht was sagen. Schlussendlich erlauben sie uns vor dem Tor zu übernachten. Noch nie haben wir Auswanderer angetroffen die nur schimpfen über alles und jedes, kaum spanisch sprechen obwohl sie schon mehr als 20 Jahre hier leben. Es bedrückt uns, denn es ist für uns schwer vorstellbar, dass die Beiden hier im Alter leben können.
Am Morgen fahren wir dann früh weg nach Rosaleda. Vom immer schlechter werdenden Chacohighway biegen wir schlussendlich auf eine Staubpiste ab und fahren noch 60km bis wir das Schild „Herzlich Willkommen in Rosaleda“ erreichen. Wir biegen auf die „Dorfstrasse“ ein und wundern uns. Kein Haus weit und breit, bis dann das kleine Schulhaus kommt. Später erfahren wir, dass dieses Haus zu Beginn, vor ca. 25 Jahren ein Gästehaus war. Vorbei am Schulhaus erreichen wir den Friedhof und steigen aus. Lediglich 7 Gräber treffen wir an und vor dem eingezäunten Friedhof steht ein kleiner hölzerner Glockenturm mit einer Glocke sowie ein Holzkreuz. Wir wundern uns, dass 2 Gräber, ein Mann und eine Frau den gleichen Todestag haben und vermuten, dass ein Unfall geschah. So fahren wir weiter auf der „Dorfstrasse“ und sehen links und rechts grosse Holztore aber keine Häuser. Schlussendlich erreichen wir den Almacen (Dorfladen) und biegen ab, fahren durch das Tor und parken. Hinter einer Tür hören wir Stimmen, klopfen und treten ein. Wir treffen neun Personen am sonntäglichen Frühschoppen an und werden herzlich auf Berndeutsch empfangen! „Sali, i bi de Ändu, härzlich willkomme“. Wir fühlen uns wie in der Schweiz. Im Dorfladen gibt es Emmentaler, Greyerzer, Raclettkäse usw. Hier leben sie also, mitten im Busch und sind froh, der „Regulierungswut“ in der Schweiz entkommen zu sein. Wir müssen von unserer Reise erzählen und rasch gehören wir irgendwie zum Dorf. Ändu zeigt uns einen Parkplatz für das Auto, wir erhalten Strom und dürfen hier zwei Nächte stehen. Während den zwei Tagen lernen wir einige Einwanderer kennen und erleben wie sie leben, hören viele Geschichten über die Entstehung des Dorfes und über Probleme beim Aufbau und des Zusammenlebens.
Rosaleda (Rosengarten) ist eine Siedlung mitten in der Wildnis des Chaco. Vor über 25 Jahren erschienen in der „Tierwelt“ kleine Inserate. Parzellen von ca. 100 ha wurden für wenig Geld angepriesen im Chaco. Ernst erzählt uns wie er in der Schweiz Vorträge für Interessierte hielt und schliesslich 21 x mit Interessenten den Chaco besuchte. Er und seine Frau gehörten zu den ersten Siedlern. Sie errichteten ein kleines Gästehaus welches später die Schule war. Sie bauten die ersten Häuser nachdem sie den Busch gerodet hatten. Ein hartes Leben erwartete die Auswanderer, aber alle schienen zu Beginn die grosse Freiheit zu lieben. In dieser kleinen Gemeinschaft, Ende des 20 Jh. lebten ca. 60 Leute hier, wurde der Strom mit Solarpaneels und in Spitzenzeiten mit Generatoren erzeugt. Der spärliche Regen wird noch immer in Zisternen gesammelt und jedes Jahr hoffen die Rosaledaner auf Regen wenn die Zisternen langsam leer werden. Hier wird es im Sommer über 40 Grad heiss, und auch im Winter ist es meistens gegen oder sogar über 30 Grad! Ans Stromnetz wurde das Dorf vor 2 Jahren angeschlossen und zur Freude aller haben sie seit ca. 5 Jahren Internet. In jedem Haus hören wir Schweizer Radio via Internet. Nachdem viele Jahre lediglich ein Telefon und Faxanschluss im Hotel vorhanden war, ermöglicht das Internet den Bewohnern mit der Heimat per Skype Kontakt zu halten. Das Leben hier ist relaxed, aber kann auch sehr beschwerlich sein. Während der Regenzeit ist es teilweise kaum möglich ins 150km weit entfernte Spital zu fahren oder einkaufen zu gehen. Nachdem 1999 noch ein Doppelmord an einem Schweizerehepaar von einem Schweizer der einige Kilometer entfernt auf einer Estanzia lebte, verübt wurde, haben sich etliche Bewohner entschieden zurück in die Heimat zu reisen. Sogar die Schweizerpresse hatte damals gross über dieses Ereignis berichtet. Heute leben nur noch 20 Leute im Dorf. Zur Zeit wird das Hotel restauriert und damit hofft man wieder mehr „Leben“ ins Dorf zu bringen.
Am Abend des 1. August treffen wir uns mit den Bewohnern und einigen Deutschen Besuchern im Schulhaus. Es wird gegrillt und auch ein riesiges Augustfeuer entzündet. Nach einer sehr kurzen Rede der Gemeindepräsidentin, hören wir uns noch die alte und neue Hymne aus dem Internet an! Leider müssen wir das Dorf schon wieder verlassen, denn unser Visum läuft ab. Wir werden aber unsere neuen Freunde in Rosaleda hoffentlich in 2 Jahren wieder treffen, wenn wir auf der Rückreise der zweiten Südamerikareise sind.
Noch einmal sind wir bei René und Marion und geniessen drei Tage in denen wir waschen, schreiben und viel mit anderen Reisenden plaudern. Nun geht es aber endgültig Richtung Uruguay. Wir wollen noch die Umgebung von Asuncion anschauen und fahren zuerst nach Atyra zum Kloster Marianela. Dank GPS-Daten finden wir das Kloster. Ein Traum! Wir kommen nicht aus dem Staunen heraus. Mittelalterliche Architektur gepaart mit neuzeitlicher paraguayischer Handwerkskunst finden wir in diesem Kloster, das als Seminarhotel benutzt wird. Wir sind begeistert vom ganzen Ensemble. Jede Ecke, alle Böden, Wände sind beeindruckend und wirken als Ganzes einfach Fantastisch! Nie hätten wir gedacht, dass sowas Tolles in Paraguay zu finden ist. Weiter fahren wir durch die hügelige liebliche Landschaft nach Tobati. Die Stadt der Ziegelbrenner. Unglaubliche viele Ziegelöfen sehen wir entlang der Strasse und Lastwagen die das Brennholz dafür herbeiführen. Am Strassenrand sehen wir sensationelle Tische und Stühle aus ausgedienten Reifen. Ich muss aussteigen und die tollen Stücke genauer anschauen. Schade, dass ich keine mitnehmen kann!
Jetzt aber biegen wir wieder südwärts ab und halten noch bei der wunderschönen Kirche in Yaguaron. Wir staunen, dass die Einheimischen alle ihre Handys in den Händen halten. Und siehe da, sogar in der Kirche hat man freies Internet! Ob es während der Messe wohl abgestellt wird?
Die erste Nacht verbringen wir dann vor dem Eisenbahnmuseum in Sapucai. Diese Eisenbahn war die erste in Südamerika und führte von Asuncion südwärts.
Nach einer ruhigen Nacht wollen wir heute nach Hohenau fahren, zu einem Deutschen der einen Campingplatz hat. Der Grenzübertritt in Encarnacion ist sehr speziell. Wir werden doch tatsächlich von einem fahrbaren Röntengefährt geröngt, wie die Lastwagen! Anschliessend fahren wir stundenlang durch die Steppe und am Schluss der Grenze zu Brasilien entlang auf einer sehr schlechten Strasse. In diesem Gebiet liegt kein Dorf, aber viele angelegte Wälder. Deshalb sind die schweren Holzlaster die einzigen Fahrzeuge die uns begegnen. Wieder einmal übernachten wir ruhig an einer Tankstell in Santo Tomé. So erreichen wir Arapey, die Thermalquelle und treffen da auf Claudia und Uwe und Ina und Hajo mit ihren Hunden. Hier baden und relaxen wir nochmals einige Tage bei herrlichem Wetter.
Der Weg nach Montevideo führt uns dann nach Salto und auf der Ruta 31 nach Tacuarembo und nach San Gregorio de Polanco. Hier im Balneario übernachten wir am See. Am Morgen suchen wir dann den Weg zur Fähre. Wir holpern einige Kilometer bis zu einem Haus. Ich glaube es kaum, dass es hier eine Fähre gibt. Aber tatsächlich, hinter dem Haus wird eine betrieben und der Führer freut sich an unserem Fahrzeug. Auf Nebenstrassen geht es dann südwärts bis nach Maldonado zur Nissangarage. Hier erhalten wir einen Termin, damit unser Turbo getestet werden kann. Es ist schön spät, es windet wie wahnsinnig, und so entschliessen wir uns kurz vor dem Einnachten noch zu Silvia und Heinz, unserem Camping in Montevideo zu fahren. Hier wollen wir die letzten zwei Wochen verbringen.
Es stellt sich heraus, dass wir einen neuen Turbolader und Bremsbeläge vorne brauchen. Der Turbo ist hier kaum erhältlich und kostet 6000.- Dollar, Wartezeit mindestens 45 Tage. Wir versuchen diesen in Deutschland zu bestellen. Unsere Werkstätte in Deutschland nähe München macht tatsächlich alles möglich! Herr Osterlohe erkennt meine Stimme am Telefon, obwohl wir doch schon mehrere Jahre nicht mehr in der Werkstätte waren. Er organisiert den Turbo und die Bremsbeläge. In der Zwischenzeit schreiben wir Reisende an die in nächster Zeit mit dem Schiff nach Montevideo reisen. Die Adressen erhalten wir von Heinz, dem Stellplatzchef. Fredy und Jaqueline aus der Schweiz bringen uns ja schon das Sonnenpanel. Aber wir sind nicht sicher, ob der Turbo bis zu ihrer Abreise schon bereit ist. So freut es uns, dass Nese und Bruno aus Deutschland sich spontan bereit erklären den Turbo mitzunehmen. Es klappt alles hervorragend, der Turbo ist innerhalb weniger Tage in der Werkstätte und dann bei Nese und Bruno. Herzlichen Dank an Fredy und Jaqueline, aber auch an Nese und Bruno für eure tolle Hilfe! Für uns nicht selbstverständlich! Heinz wird dann das Auto in die Werkstätte in Uruguay bringen und diese werden einen grossen Service mit dem Einbau des Turbos machen. Beat muss dann nach unserer Rückkehr nur noch das Panel montieren.
Ein weiterer Termin ist in Montevideo. Dort werden auf unsere defekten Stellen am Womo Alubleche geklebt und das Plexiglas an der Türe ersetzt. Super, nun ist alles wasserdicht und sieht gut aus. Und das Wichtigste, wir räumen das Auto und das Womo aus und unterziehen alles einer gründlichen Reinigung. Unglaublich wieviel Staub und Sand vor allem im Auto gelagert ist! Natürlich gehört auch feines Essen dazu. Mit Roswitha und Holger, Irmi und Peter grillen wir und auch mit Serge und Silvianne die später dazu kommen, haben wir viel Spass bei herrlichem Wetter. Natürlich treffen wir uns auch mit Anni und Koni zu einem gemütlichen Essen. Einen Tag Regen müssen wir aber aushalten. Das wäre ja nicht so schlimm, wenn nicht in der Nacht stundenlang ein heftiges Gewitter über uns herziehen würde. Hagel schreckt mich aus dem Schlaf, denn es knallt unglaublich nur 30cm über meinem Kopf. Wir stehen auf, aber machen können wir trotzdem nichts, es ist einfach unheimlich.
Nun hoffen wir auf vier Tage schöneres Wetter, müssen noch packen und am 1. September fliegen wir für fast vier Monate nach Hause, in den Heimaturlaub. Wir freuen uns auf unsere Mädels, Verwandte, Bekannte und Freunde!